Deine Schwester erzĂ€hlt Dir, dass sie in letzter Zeit oft lange arbeiten muss und erschöpft ist? Du antwortest sicher in etwa: âDas klingt super anstrengend. Passâ bitte gut auf Dich auf und gönnâ Dir Deine Pausen! Es ist auch ânurâ ein Job. Kann Dir vielleicht jemand etwas abnehmen?â
Dein Kind kommt an einem warmen Tag nach Hause: âHier, trink erst einmal einen groĂen Schluck Wasser, damit Du nicht austrocknest. Möchtest Du ein bisschen Obst essen?â
Ein Freund berichtet von RĂŒckenschmerzen. Du hörst aufmerksam zu und fragst: âSitzt Du viel in Deinem Job? Findest Du ausreichend Zeit fĂŒr Sport? Falls es gar nicht geht, kenne ich eine gute Osteopathie-Praxis. Dort bekommt man auch kurzfristig oft gut einen Termin.â
Kannst Du Dich in einer oder mehrerer dieser Situationen wiederfinden? Wie gehst Du mit Dir selbst um, wenn Du erschöpft bist, an einem heiĂen Tag nach Hause kommst oder körperliche Schmerzen hast?
Bei anderen Menschen sind wir hĂ€ufig fĂŒrsorglicher als bei uns selbst. Das kann viele GrĂŒnde haben:
Die Angst, egoistisch zu wirken,
extrem hohe AnsprĂŒche an uns selbst und an unsere Leistung zu stellen,
das GefĂŒhl, keine Zeit fĂŒr SelbstfĂŒrsorge zu haben,
nicht zu wissen, was wir ĂŒberhaupt gerade brauchen,
âŠ
Diese Liste könnte man noch ewig weiterfĂŒhren. Dabei wissen wir doch eigentlich, dass SelbstfĂŒrsorge so wichtig ist und unserer körperlichen und geistigen Gesundheit guttut. Mangelnde SelbstfĂŒrsorge fĂŒhrt zu Ăberlastung, Erschöpfung, Unzufriedenheit und sogar Krankheit. Wenn wir jedoch gut auf uns und unsere BedĂŒrfnisse Acht geben, sind wir zufriedener, ausgeglichener, haben mehr Energie und sind auch achtsamer fĂŒr die BedĂŒrfnisse anderer Menschen. SelbstfĂŒrsorge ist also definitiv weder ein Zeichen von SchwĂ€che oder mangelnder Leistungsbereitschaft, noch ist sie egoistisch.
Passend dazu gibt es ein schönes Zitat vom Dalai Lama:
âDamit jemand im Stande ist, wahrhaft MitgefĂŒhl gegenĂŒber anderen zu entwickeln, benötigt er oder sie zunĂ€chst eine Grundlage, auf der MitgefĂŒhl kultiviert werden kann.
Diese Grundlage ist die FĂ€higkeit, mit seinen eigenen GefĂŒhlen verbunden zu sein und fĂŒr sein eigenes Wohlergehen zu sorgen [âŠ].
FĂŒrsorge fĂŒr andere setzt FĂŒrsorge fĂŒr sich selbst voraus.â
Klingt alles schön und gut. Aber wie können wir denn nun fĂŒrsorglicher mit uns selbst umgehen? Hier ein paar Anregungen:
1.) Erlaube Dir, gut fĂŒr Dich zu sorgen
Das liest sich einfach, ist aber fĂŒr viele von uns sehr schwer (Stichworte âLeistungsdruckâ und âEgoismusâ). Der SchlĂŒssel hierzu ist SelbstmitgefĂŒhl. SelbstmitgefĂŒhl bedeutet, uns selbst ebenso freundlich, verstĂ€ndnisvoll und unterstĂŒtzend zu behandeln, wie wir Freund*innen oder Familie behandeln wĂŒrden. Es hilft uns, unsere Potenziale zu entfalten, mindert VersagensĂ€ngste und begĂŒnstigt gesunde Verhaltensweisen.
2.) Lerne, aufmerksam fĂŒr Deine GefĂŒhle und BedĂŒrfnisse zu sein und finde heraus, was dir gut tut
Sich Zeit fĂŒr sich selbst zu nehmen und gut fĂŒr sich selbst zu sorgen, ist ein Lernprozess. Ein weiterer wichtiger Schritt ist, achtsam zu sein und Deine BedĂŒrfnisse im Stress des Alltags im Blick zu behalten.
Gerade am Anfang kann es schwierig sein, im Laufe des Tages innezuhalten und in sich hineinzuhorchen. Wenn es Dir auch so geht, suche Dir vielleicht bewusst einen Moment des Tages, an dem Du ĂŒber Deinen Tag reflektierst (zum Beispiel abends, wenn Du zur Ruhe kommst). Wie geht es Dir heute? Was hat Dir heute gut getan? Was weniger gut? Es kann hilfreich sein, Dir diese Dinge zu notieren. So kannst Du schauen, ob und wenn ja, wie sich Deine BedĂŒrfnisse im Laufe der Zeit verĂ€ndern.
SelbstfĂŒrsorge findet auf ganz vielen, unterschiedlichen Ebenen statt â einige stellen wir Dir hier gleich vor. Was wir auf diesen Ebenen brauchen, um im Gleichgewicht zu sein, ist vollkommen individuell. Ganz wichtig: Die folgenden Punkte sind keine To Do-Liste! Es geht nicht darum, auf allen Ebenen das Maximum zu erreichen (das wĂ€re mehr als ein Vollzeit-Job). Die Liste soll nur ein Startpunkt fĂŒr Deine Reflektion sein.
Wie geht es Dir auf den unterschiedlichen Ebenen im Moment? Was benötigst Du, um Dich gut zu fĂŒhlen?
SelbstfĂŒrsorge auf körperlicher Ebene:
Sich ausreichend Schlaf und Pausen gönnen, um sich zu erholen und Energie zu tanken
Dem eigenen Körper die NÀhrstoffe geben, die er braucht und ausreichend trinken
In Bewegung kommen, die sich gut anfĂŒhlt und dem Körper guttut
SelbstfĂŒrsorge auf geistiger Ebene:
Zeit zum Nachdenken und Reflektieren finden
Auf eigene Gedanken, Meinungen und Haltungen achten und mit ihnen im Einklang leben
Positive SelbstgesprĂ€che fĂŒhren, sich loben, mit negativen Gedanken und GlaubenssĂ€tzen umgehen
Neues entdecken und lernen
SelbstfĂŒrsorge auf emotionaler Ebene:
Positive und negative GefĂŒhle wahrnehmen und ausdrĂŒcken
Momente fĂŒr Heiterkeit, Genuss und Lebensfreude schaffen
Sich Zeit fĂŒr sich selbst nehmen und Dingen nachgehen, die das eigene Wohlbefinden steigern (Musik hören, lesen, kreativ sein, meditieren,âŠ)
SelbstfĂŒrsorge auf zwischenmenschlicher Ebene:
Mit anderen Menschen zusammen sein und Momente der Verbundenheit spĂŒren
Sich anderen Menschen gegenĂŒber öffnen und zeigen können
Konflikte ansprechen und lösen
3.) Tuâ weniger von dem, was Dir nicht gut tut und mehr von dem, was Dir gut tut
Das ist jetzt sehr einfach formuliert? Stimmt! Aber es sagt ja auch niemand, dass Du innerhalb eines Tages von 0 auf 100 gehen sollst đ. Ein kurzer Spaziergang in der Mittagspause, ein Telefonat mit Deinen Liebsten, mal eine Stunde frĂŒher ins Bett gehen â oft sind es schon Kleinigkeiten, die eine groĂe Wirkung entfalten.
Fragst Du Dich gerade, wie Zeit fĂŒr Dich in Deinen eh schon stressigen Alltag passen soll? Da bist Du nicht alleine! Der SchlĂŒssel sind Deine PrioritĂ€ten. So wie Du Dir Zeit fĂŒr Termine, Einkauf, Haushalt,⊠nimmst, solltest Du Dir auch Zeit fĂŒr Dich in den Kalender schreiben. Und zwar mit einer hohen PrioritĂ€t. Schenke Dir selbst regelmĂ€Ăig Momente nur fĂŒr Dich.
Denn Du verdienst genau das!